Gottlob Ferdinand Wilhelm
22.05.1793 - 09.10.1866
Glasermeister und Kommunalgardist
22.05.1793 - 09.10.1866
Glasermeister und Kommunalgardist
Die Stadtwache vor dem Wachlokal am Hauptmarkt. Nachstellung bei der 1000-Jahrfeier der Stadt Bautzen im Jahre 1933, Postkarte Foto-Huth.
Ferdinand Wilhelm als Leutnant der Bautzener Communalgarde.
Zeichnung nach einem Lichtbild.
Zeichnung nach einem Lichtbild.
Kinder:
Christiane und Ferdinand Wilhelm hatten sieben Kinder. Neben Hermann (später Vater von Felix Wilhelm) war das der älteste Sohn Adolph, der von 1817 bis 1880 lebte und das Geschäft wie sein Vater als Spezialist für Glasartikel, z.B. Kronleuchter für Kirchen, weiter führte. Mit Adolph endete in diesem Zweig die Glasertradition, denn dessen Sohn Paul Wilhelm war bis 1926 als Ofensetzer in Bautzen auf der Tuchmacherstraße 15 tätig.
Auch der zweitälteste Sohn Gustav erlernte das Glaserhandwerk, starb jedoch schon 20-jährig. Über die weiteren vier Kinder, darunter einem Mädchen, ist nichts mehr bekannt.
Christiane und Ferdinand Wilhelm hatten sieben Kinder. Neben Hermann (später Vater von Felix Wilhelm) war das der älteste Sohn Adolph, der von 1817 bis 1880 lebte und das Geschäft wie sein Vater als Spezialist für Glasartikel, z.B. Kronleuchter für Kirchen, weiter führte. Mit Adolph endete in diesem Zweig die Glasertradition, denn dessen Sohn Paul Wilhelm war bis 1926 als Ofensetzer in Bautzen auf der Tuchmacherstraße 15 tätig.
Auch der zweitälteste Sohn Gustav erlernte das Glaserhandwerk, starb jedoch schon 20-jährig. Über die weiteren vier Kinder, darunter einem Mädchen, ist nichts mehr bekannt.
Nur zwei Fenster breit ist das wegen seiner Schmalheit so genannte Handtuchhaus am Bautzener Hauptmarkt.
(Foto aus dem Jahr 2007)
(Foto aus dem Jahr 2007)
Was Felix Wilhelm in seinen Lebenerinnerungen berichtete:
“Mein Großvater Ferdinand Wilhelm wurde in Bautzen am 22. Mai 1793 geboren. Er lebte und arbeitete in dem kleinen zweifenstrigen Haus am Hauptmarkt, das man das "Handtuch" nannte, jetzt Nr. 5, erbaut 1480.
Die wiederholten Stadtbrände hatten jedesmal nur das Dach zerstört, das Mauerwerk aber unversehrt gelassen. Da es nur die doppelte Tiefe seiner Vorderseite hatte und nicht einmal einen Hof besaß, war der Innenraum sehr beschränkt. Im Erdgeschoss befand sich neben der schmalen Haustüre das rundbogige Fenster der Auslage, mit dem die Ladentüre verbunden war.
Der Laden nahm die ganze Tiefe des Hauses ein und diente gleichzeitig als Werkstatt meines Großvaters. Im ersten Stockwerk wohnten die Großeltern, im 2. Stockwerk schliefen sie. Das dritte Stockwerk war Lagerraum. Die Küche und die anderen Nebenräume hatten nur geborgtes Licht. [d.h. keine Fenster]
Mein Großvater betrieb wie seine Ahnen und die weitverzweigte Verwandtschaft das Glaserhandwerk. Er war vor allem ein sehr geschickter Glasschleifer. Ein Kelchglas mit dem von ihm eingeschliffenen Rathause hebe ich neben anderen Gläsern zum Andenken auf. Seine hölzerne Schleifbank, die einer Holzdrechselbank früherer Zeit sehr ähnlich sah, stand unmittelbar hinter dem Auslagefenster, in dem er auch böhmische Glaswaren ausgestellt hatte, die er erstmalig in Bautzen eingeführt hat.
Ich habe meinen Großvater als einen schlanken, hochgewachsenen Mann mit einem bartlosen Gesicht und einer großen Unterlippe im Gedächtnis, der stets in einem langschössigen grauen Tuchrocke ging.
Er war nebenbei ein großer Freund der Familien- und Heimatgeschichte. Er hat den ersten Stammbaum der Familie Wilhelm entworfen und in Wasserfarben gemalt. Ich habe ihn noch.
Sodann setzte er die gedruckte Chronik von WILCKE, die 1843 erschienen war, durch handschriftliche Nachträge bis zum Jahre 1861 fort und fügte ihr viele Ergänzungen und von ihm gemalte Bilder im Texte bei.
Selbst ein ehemaliger begeisterter National- und Communalgardist, blieb er zeitlebens ein ausgesprochener Freund der Soldaten und ließ sich nicht nehmen, bei Festlichkeiten und anderen Gelegenheiten die Soldaten auf der Hauptwache vor seinem Hause mit Speise und Trank zu erfreuen. Am fünfzigsten Gründungstage der Nationalgarde ist er in dieser Uniform, in der er einst Bürger geworden war, beim Bautzener Königsschießen ausgezogen.
Ich habe diese Uniform als Schüler des Landständischen Seminars bei einer Veranstaltung zu Königs Geburtstag einmal getragen: Weiße, enge Hose mit Gamaschen, gelbe Weste, dunkelblauer Schößenrock mit blauen Aufschlägen. Sie ist wohl ein Opfer des Mottenfraßes geworden. Ein Lichtbild zeigt meinen Großvater als Leutnant der Communalgarde. Sein Schleppsäbel, den er damals trug, hängt in meiner Stube.
Meine Großmutter Christiane geb. FECHNER stammte aus Penig, geboren am 14.09.1794, und war in Gaußig, wo sie vermutlich eine Stellung am Rittergute hatte, meinem Großvater angetraut worden. Sie war mittelgroß und muss in ihrer Jugend sehr schön gewesen sein. Ich kenne sie als eine strenge Frau, die auf peinliche Sauberkeit und Ordnung hielt. Zuhause trug sie stets saubere weiße Kleider.
Mein Großvater starb am 9. Oktober 1866 an der Cholera, die in Bautzen eine Anzahl Todesfälle herbeiführte. Nach dem Tode ihres Gatten zog sie zuerst in ein Stübchen bei Drechslermeister PFEIFER in der Fleischergasse und wohnte dann bei uns im Burglehn.
Ihr Stübchen, das sie ganz selten einmal verließ, durften wir Kinder nur mit Vorsicht und reinen Schuhen betreten. Die weißgescheuerten Dielen bestreute sie stets mit feinem, weißem Sande, über Polsterstühle, Sofa, Tisch und Kommode hatte sie selbstgefertigte weiße Decken ausgebreitet. Ihr ganz im Biedermeierstil gehaltenes Stübchen erhellte sie abends bis zu ihrem Ableben mit einer Öllampe. Petroleum war ihr verhasst.
Sie kannte den Müßiggang nicht. Besondere Kunstfertigkeit besaß sie im Stricken verschieden gemusterter weißer Strümpfe und Unterkleider für ihre zahlreichen Enkel und auch für meine Mutter. Sie starb im Alter von 85 Jahren am 9.02.1879 an Schwäche.”
“Mein Großvater Ferdinand Wilhelm wurde in Bautzen am 22. Mai 1793 geboren. Er lebte und arbeitete in dem kleinen zweifenstrigen Haus am Hauptmarkt, das man das "Handtuch" nannte, jetzt Nr. 5, erbaut 1480.
Die wiederholten Stadtbrände hatten jedesmal nur das Dach zerstört, das Mauerwerk aber unversehrt gelassen. Da es nur die doppelte Tiefe seiner Vorderseite hatte und nicht einmal einen Hof besaß, war der Innenraum sehr beschränkt. Im Erdgeschoss befand sich neben der schmalen Haustüre das rundbogige Fenster der Auslage, mit dem die Ladentüre verbunden war.
Der Laden nahm die ganze Tiefe des Hauses ein und diente gleichzeitig als Werkstatt meines Großvaters. Im ersten Stockwerk wohnten die Großeltern, im 2. Stockwerk schliefen sie. Das dritte Stockwerk war Lagerraum. Die Küche und die anderen Nebenräume hatten nur geborgtes Licht. [d.h. keine Fenster]
Mein Großvater betrieb wie seine Ahnen und die weitverzweigte Verwandtschaft das Glaserhandwerk. Er war vor allem ein sehr geschickter Glasschleifer. Ein Kelchglas mit dem von ihm eingeschliffenen Rathause hebe ich neben anderen Gläsern zum Andenken auf. Seine hölzerne Schleifbank, die einer Holzdrechselbank früherer Zeit sehr ähnlich sah, stand unmittelbar hinter dem Auslagefenster, in dem er auch böhmische Glaswaren ausgestellt hatte, die er erstmalig in Bautzen eingeführt hat.
Ich habe meinen Großvater als einen schlanken, hochgewachsenen Mann mit einem bartlosen Gesicht und einer großen Unterlippe im Gedächtnis, der stets in einem langschössigen grauen Tuchrocke ging.
Er war nebenbei ein großer Freund der Familien- und Heimatgeschichte. Er hat den ersten Stammbaum der Familie Wilhelm entworfen und in Wasserfarben gemalt. Ich habe ihn noch.
Sodann setzte er die gedruckte Chronik von WILCKE, die 1843 erschienen war, durch handschriftliche Nachträge bis zum Jahre 1861 fort und fügte ihr viele Ergänzungen und von ihm gemalte Bilder im Texte bei.
Selbst ein ehemaliger begeisterter National- und Communalgardist, blieb er zeitlebens ein ausgesprochener Freund der Soldaten und ließ sich nicht nehmen, bei Festlichkeiten und anderen Gelegenheiten die Soldaten auf der Hauptwache vor seinem Hause mit Speise und Trank zu erfreuen. Am fünfzigsten Gründungstage der Nationalgarde ist er in dieser Uniform, in der er einst Bürger geworden war, beim Bautzener Königsschießen ausgezogen.
Ich habe diese Uniform als Schüler des Landständischen Seminars bei einer Veranstaltung zu Königs Geburtstag einmal getragen: Weiße, enge Hose mit Gamaschen, gelbe Weste, dunkelblauer Schößenrock mit blauen Aufschlägen. Sie ist wohl ein Opfer des Mottenfraßes geworden. Ein Lichtbild zeigt meinen Großvater als Leutnant der Communalgarde. Sein Schleppsäbel, den er damals trug, hängt in meiner Stube.
Meine Großmutter Christiane geb. FECHNER stammte aus Penig, geboren am 14.09.1794, und war in Gaußig, wo sie vermutlich eine Stellung am Rittergute hatte, meinem Großvater angetraut worden. Sie war mittelgroß und muss in ihrer Jugend sehr schön gewesen sein. Ich kenne sie als eine strenge Frau, die auf peinliche Sauberkeit und Ordnung hielt. Zuhause trug sie stets saubere weiße Kleider.
Mein Großvater starb am 9. Oktober 1866 an der Cholera, die in Bautzen eine Anzahl Todesfälle herbeiführte. Nach dem Tode ihres Gatten zog sie zuerst in ein Stübchen bei Drechslermeister PFEIFER in der Fleischergasse und wohnte dann bei uns im Burglehn.
Ihr Stübchen, das sie ganz selten einmal verließ, durften wir Kinder nur mit Vorsicht und reinen Schuhen betreten. Die weißgescheuerten Dielen bestreute sie stets mit feinem, weißem Sande, über Polsterstühle, Sofa, Tisch und Kommode hatte sie selbstgefertigte weiße Decken ausgebreitet. Ihr ganz im Biedermeierstil gehaltenes Stübchen erhellte sie abends bis zu ihrem Ableben mit einer Öllampe. Petroleum war ihr verhasst.
Sie kannte den Müßiggang nicht. Besondere Kunstfertigkeit besaß sie im Stricken verschieden gemusterter weißer Strümpfe und Unterkleider für ihre zahlreichen Enkel und auch für meine Mutter. Sie starb im Alter von 85 Jahren am 9.02.1879 an Schwäche.”
Nachsätze aus heutiger Zeit:
Die Kommunalgarde war eine Einheit von Stadtsoldaten, bei der seinerzeit alle männlichen Bürger dienstpflichtig waren. Ihre Hauptwache befand sich im östlich neben dem Rathause stehenden Nachbargebäude.
Ferdinands Haus - wegen seiner schmalen Fassade im Volksmund “Handtuch” genannt - gehörte zuvor seinem Vater Glasermeister August WILHELM, der von 1731 bis 1802 lebte.
Eine altertümliche Flurtür im Hausinneren, die im Jahr 2002 noch sichtbar war, stammte vielleicht noch aus der Zeit von vor 150 Jahren? Der auf starkem Papier von Ferdinand Wilhelm gezeichnete Stammbaum befindet sich heute im Stadtarchiv Bautzen. Der Schleppsäbel ging bei Felix Wilhelm zu Kriegsende 1945 leider verloren.
Ferdinand Wilhelms Grabstein stand noch um 2000 auf dem Taucherfriedhof Bautzen, Eingang an der Verwaltung, erste Begräbnisstätte links.
Die Kommunalgarde war eine Einheit von Stadtsoldaten, bei der seinerzeit alle männlichen Bürger dienstpflichtig waren. Ihre Hauptwache befand sich im östlich neben dem Rathause stehenden Nachbargebäude.
Ferdinands Haus - wegen seiner schmalen Fassade im Volksmund “Handtuch” genannt - gehörte zuvor seinem Vater Glasermeister August WILHELM, der von 1731 bis 1802 lebte.
Eine altertümliche Flurtür im Hausinneren, die im Jahr 2002 noch sichtbar war, stammte vielleicht noch aus der Zeit von vor 150 Jahren? Der auf starkem Papier von Ferdinand Wilhelm gezeichnete Stammbaum befindet sich heute im Stadtarchiv Bautzen. Der Schleppsäbel ging bei Felix Wilhelm zu Kriegsende 1945 leider verloren.
Ferdinand Wilhelms Grabstein stand noch um 2000 auf dem Taucherfriedhof Bautzen, Eingang an der Verwaltung, erste Begräbnisstätte links.