Wilhelm und Bautzen

300 Jahre Familie Wilhelm in Bautzen

Wilhelm und Bautzen

300 Jahre Familie Wilhelm in Bautzen

Wilhelm und Bautzen

300 Jahre Familie Wilhelm in Bautzen

Wilhelm und Bautzen

300 Jahre Familie Wilhelm in Bautzen

Felix Wilhelm
19.02.1863 - 16.12.1941
Lehrer und Heimatkundler in Bautzen

Biografische Daten

1869 - 73 Schulbesuch in Städtischer Bürgerschule Bautzen am Lauengraben.    (Damals gerade neu erbaut, existierte bis 1998 als “Lutherschule", dann für Neubau des “Kornmarkt-Center” abgerissen.)

1873-77 Gymnasium Bautzen (heute "Melanchthon-Gymnasium")

1877 Konfirmation im März

bis 1883 Zögling am Landständischen Evangelischen Lehrerseminar zu Bautzen (heute Berufsschule für Wirtschaft in den Schilleranlagen)

1883 im Juni Ausmusterung.

1883 - 1884 Hilfslehrer an der achtklassigen Schule in Seidau, jetzt Oberweg Haus Nr. 9. (Schule der Gemeinde Seidau von 1867-1904. Seidau mit 1400 Einwohnern wurde erst 1922 in die Stadt Bautzen eingemeindet.)

1884 ab Ostern Vikar an der zweiklassigen evangelischen Schule in Schirgiswalde.

1886 - 1887 Lehrer an der Bürgerschule Bautzen(vormals Prentzelsche Stiftsschule, dann Mädchenbürgerschule.)

1887 Lehrer an der Höheren Töchterschule in Bautzen.

1890 Verleihung des Bürgerrechtes der Stadt Bautzen.

1891 Genehmigung des sächsischen Finanzministeriums zur Benutzung der Topografischen Karte des Königreiches Sachsen zur Anfertigung von Reliefdarstellungen.

1896 Genehmigung des Bezirksschulinspektors zur Ausübung des Amtes eines Stadtverordneten.

1905 Genehmigung zur Einführung seines Heimatkundlichen Lehr- und Lesebuches an der einfachen evangelischen Volksschule Bautzen und der Höheren Töchterschule, sowie Bürgerschule II in Bautzen.

1911 Ernennung zum Oberlehrer

1913 - 22 Oberlehrer an der Pestalozzi-Schule Bautzen, zeitweise stellvertretender Direktor. (Pestalozzi-Schule war "Mädchenvorbereitungs-, Mädchenbürger- und Knabenschule".)

1918 - 1919 amtierender Direktor der Pestalozzi-Schule, vermutlich kriegsbedingte Vertretung.

1924 Versetzung in den Ruhestand aus gesundheitlichen Gründen.

1941 Felix WILHELM stirbt nach einem Schlaganfall im Alter von 79 Jahren.
felix-foto Felix Wilhelm mit seinem Jagdhund
felix-burglehn
Am Bautzener Burglehn, im Haus Nr. 1, dem früheren Luttitz-Nostitzschen Ritterhaus, wurde Felix Friedrich Ferdinand WILHELM als zweites von sechs Kindern des Möbel- und Kunsttischlermeisters Hermann WILHELM (1823-1909) geboren. Heute befindet sich in diesem Hause die Gaststätte Mönchshof.

Der Vater besaß das Haus von 1852 bis 1906. Der Sohn Felix schrieb 1937 die Geschichte seines Geburtshauses auf. (siehe Veröffentlichungen)

Im väterlichen Handwerker-Haushalt wuchs er zum praktisch veranlagten Menschen heran.
Nach dem Besuch des Gymnasiums bestimmten ihn seine Eltern für den Lehrerberuf, vielleicht angeregt dadurch, dass sich gegenüber dem Elternhaus bis 1857 das Lehrerseminar befand und der Vater eine Etage an dieses vermietet hatte.
Zeitweise haben sich sogar die Wohnung des Vizedirektors und Schulräume in Hermann Wilhelms Haus befunden.

In der Folgezeit erklomm er die Lehrerlaufbahn Stufe um Stufe, beginnend mit dem obligatorischen dreijährigen Dienst als Hilfslehrer. Nebenbei unterrichtete er neun Jahr lang an der Kapitulantenschule des Infanterie- und Husarenregimentes Nr. 103 in Bautzen.

Felix WILHELM heiratete 1888 in Gröditz seine Frau Maria Martha GROß (1865-1942), Tochter des Besitzers der Mühle Wuischke bei Weißenberg.
Im Jahre 1890 erwarb er das Bürgerrecht der Stadt Bautzen und wohnte bis zu seinem Lebensende im großen elterlichen Haus auf der Tschirnerstraße Nr. 15, die damals den Namen "Bahnhofstraße" trug, weil die heutige direkte Straßenverbindung zwischen Bahnhof und Stadtmitte noch nicht existierte.
Dieses Grundstück hatte der Vater um 1878 erworben, nachdem er 1874 vom Amtsgericht als Lokalrichter und Auktionator eingesetzt worden war und sein Gewerbe am Burglehn aufgegeben hatte.

Die Pestalozzi-Schule war nach einjähriger Bauzeit im Herbst 1912 als modernste Schule Deutschlands eingeweiht worden. Sie umfasste einen großen Gebäudekomplex mit zwei Turnhallen, hellen Pausenhöfe, Garderoben, Duschräumen, zwei Milchverkaufshallen, Werkräumen und einer Schulküche. Hier unterrichtete Felix Wilhelm ab 1913.

Ob in seinem Beruf als Lehrer, ob auf dem Gebiet der Geschichtsforschung oder im öffentlichen Leben der Stadt - immer trat Felix Wilhelm mit lebensnahen Anschauungen und Neuerungen hervor.
Als junger Lehrer besuchte er einem Lehrgang für Holz- und Metallbearbeitung, um danach an der Schule den Werkunterricht für seine Schüler einzuführen. Er konnte dieses Vorhaben jedoch nicht dauerhaft umsetzen - die Zeit war wohl noch nicht dafür reif.

Für den Unterricht entwickelte er - neben anderen Anschauungsmitteln - zahlreiche farbige Reliefdarstellungen des Oberlausitzer Hügellandes und des Elbsandsteingebirges, die er nach den Höhenlinien topografischer Karten selbst herstellte.
Sie sollen viele Jahrzehnte an Bautzener Schulen in Benutzung gewesen sein, auch bis vor einigen Jahren im Leipziger Grassi-Museum existiert haben.
Weitere Reliefs modellierte er zur Stadtentwicklung Bautzens in verschiedenen Epochen, zum Burgwall von Göda und zu lokalen Grabfeldfundorten. Vielleicht existieren die Modelle noch im Fundus des Stadtmuseums?

Im Jahr 1903 - im Alter von vierzig Jahren - begann sein publizistisches Wirken mit der Aufnahme öffentlicher Vortragstätigkeit.
1905 erschien sein Buch "Unsere Heimat, die Lausitz - Heimatbuch für Schule und Haus" im Stile eines damals üblichen volkstümelnden Heimatkunde-Lehrbuches.
Bis zu seinem Lebensende folgten noch viele Publikationen und Vorträge, die bis heute als Quellenmaterial für stadtgeschichtliche Arbeiten nützlich sind.

Nachdem er in der Gegend von Guttau wohl mehr zufällig auf vorgeschichtliche Funde stieß - worüber es eine Anekdote gibt -, wurde Felix Wilhelm im Jahr 1901 Gründungsmitglied der "Gesellschaft für Vorgeschichte und Geschichte der Oberlausitz in Bautzen", einem Zweig der bekannten alten Görlitzer Gesellschaft.
Er gehörte dauernd ihrem Vorstande an, leistete als Schriftführer, Grabungsleiter, Präparator und Archivator in den Anfangsjahren den größten Teil der Vereinsarbeit und wurde dann 1926 auch Ehrenmitglied.

Die von ihm wesentlich inspirierte Arbeit der Gesellschaft führte vor dem Ersten Weltkrieg zu solchem Erfolg, dass in der Wissenschaft seitdem die "Lausitzer Kultur" als Begriff für einem Hauptabschnitt der Bronzezeit gilt.

Felix Wilhelm betrieb mit der Gesellschaft Ausgrabungen an mehreren Stellen im Umkreis von Bautzen und begutachtete damals schon Funde bei Bautätigkeiten in der Stadt, so wie es heute von Amts wegen vorgeschrieben ist.
Alle Arbeitsergebnisse ordnete er in einem Dokumentenarchiv, das u.a. Zeichnungen von alten Bautzener Befestigungsresten, Gebäuden, Personen und Begebenheiten umfasste.

Von 1896 bis 1919 war er - mit dreijähriger Unterbrechung - Stadtverordneter in Bautzen, von 1919 bis 1921 Mitglied des Stadtrates und Dezernent für Volksbildungswesen.

In seinen Wahlfunktionen war Felix Wilhelm aktives Mitglied mehrerer wichtiger Ausschüsse, wie des Bauausschusses, Krankenhaus-Ausschusses und Forstausschusses.

In dieser Zeit um die Jahrhundertwende bewegte ein beispielloser Bauboom die Stadt Bautzen.
Die Stadt und die Bevölkerung wuchsen schlagartig. Zahlreiche große öffentliche Bauprojekte mussten von der Stadtverwaltung mit Ausschreibungen, Beschlüssen, Finanzierungen und Leitung bewältigt werden. Darunter die große Spreebrücke, das Stadtmuseum, zwei Kasernen, das Justizgebäude, der Strafvollzug, Verkehrsbauten wie der Durchbruch der Kaiserstraße, Schulneubauten usw.

Felix Wilhelm wurde dabei tatkräftiges Engagement - insbesondere beim Museums- und Schulbau - bescheinigt. Es wird berichtet, dass es hauptsächlich dem Abgeordneten PETASCH und ihm zu verdanken ist, dass im Jahre 1912 nicht ein Kaufhaus, sondern - mit dem Geld des Stifters WEIGANG - der Museumsneubau am Kornmarkt errichtet wurde.

Der attraktive Rundweg am Fuße der Burgmauer mit Durchbruch des Burgwasserturms wurde von 1934-39 unter anderem auf Anregung von Felix Wilhelm durch das bis dahin unbegehbare Gelände angelegt. ("Osterweg" und "Reymannweg".) Eines der letzten Fotos zeigt ihn als Ehrengast bei der Einweihungszeremonie des Osterweges.

Seine Freizeit verbrachte er am liebsten in der Natur. Er war begeisterter Jäger und Scheibenschütze. Dreimal erwarb er den Titel des Schützenkönigs, fünfmal war er Marschall. Dem Bautzener Schützenverein stand er zwanzig Jahre als Vorsitzender vor.

Bei zahlreichen anderen Vereinen und Verbänden war er zuletzt Ehrenmitglied. Es sei nicht verschwiegen, dass der Ruheständler Felix Wilhelm zwar nicht Mitglied der Hitlerpartei war, aber wie so viele damals noch Anhänger der NS-Ideologie wurde. Bei Abwägung der ganzen Lebensleistung kann wohl dennoch festgestellt werden, dass sein zuvor jahrzehntelanges wertvolles Wirken für die Stadt Bautzen, das Bildungswesen und die Geschichtsbewahrung der Oberlausitz diesen unrühmlichen Punkt am Ende der Biografie überwiegen dürfte.

In seinem Grundstück, heute Tschirnerstrasse 15, hatte er neben einer gut ausgestatteten Werkstatt für seine praktischen Modell- und Präparationsarbeiten eine Rosenzucht mit 140 Hochstämmen, die er selbst zog und veredelte. Noch heute sind vor dem Hause gepflegte Teile des Rosengartens zu sehen. Ein Dank an die Bewahrer!
Als jüngerer Lehrer bereiste er gern Deutschland. Später war es ihm als Pensionär vergönnt, auf weiteren Reisen ab 1928 noch Sarajevo, Budapest, Florenz, Rom, Neapel und Königsberg zu besuchen.

Nach seinem Tode wurde auf dem Bautzener Taucherfriedhof beerdigt. Das Familien-Erbbegräbnis existiert noch, obwohl es 1998 zur Auflassung freigegeben wurde.

Sein Sohn Hermann folgte dem väterlichen Lebensweg, wurde selbst Lehrer und Doktor der Philosophie. Auch er unterrichtete 26 Jahre als Studienrat in Bautzen und später noch kurz als Dozent in Freiberg/Sachsen.
felix-gedenktafel
Tafel am Geburtshaus Burglehn1
Bautzen, Burglehn 1, ist das ehemalige Luttitz-Nostitzsche Stadthaus, worin Felix Wilhelm geboren wurde und aufwuchs.